Automuseen in Baden-Württemberg
Das Musterländle der Schwaben und Badenser ist natürlich prädestiniert für Ausstellungen zur Mobilität – denn hier kamen unter anderem die Herren Daimler, Benz, Bosch, Maybach und Wankel zur Welt. Und in diesem Bundesland produzieren heute Mercedes, Porsche und Audi mit der Unterstützung namhafter, im Land ansässiger, Zubehörfirmen Fahrzeuge. Es ist daher kein Wunder, dass es in „BaWü“ 41 zum Großteil wirklich sehenswerte Automuseen gibt, etwa auch die Autosammlung Steim in Schramberg (bei Villingen-Schwenningen), das Fahrzeugmuseum Marxzell (bei Karlsruhe) oder Philipp‘s Renault Museum in Sinsheim. Also starten wir unsere Museums-Reisetippsim äußersten Südwesten, bevor es dann mit Bayern und mit Sachsen/Thüringen weitergeht – auch in diesen drei Ländern warten tolle Orte auf den Besuch von technik- und geschichtsbegeisterten Menschen.
Die Sternenwelt von Bad Cannstatt
Der „gute Stern auf allen Straßen“ präsentiert den jeweiligen Zeitgeist und die Entwicklungen im Automobilbau auf gut 16.500 Quadratmetern mit tausenden von Exponaten, inklusive 160 Fahrzeugen – im Mercedes-Benz Museum. In Stuttgart-Bad Cannstatt findet man Legenden wie den C111. Wer um das Jahr 1970 aufwuchs und sich für Autos begeistern konnte, liebte den flachen Wankelsportler garantiert. Dass er nie in Serie ging, ist längst verziehen. Dazu gesellen sich im Museum neben weiteren berühmten Ikonen, etwa den Silberpfeilen, Flügeltürern oder der Kompressor-SSK, auch die wichtigsten PKWs und Nutzfahrzeuge. „Adenauer-Mercedes“, der Luxusdampfer 600, Heckflossen, Pontons oder auch die DTM- und F1-Boliden trifft man im idealen Ambiente. Weil die Herren Daimler und Benz zu den Pionieren der Automobilgeschichte gehören, zeigt das Museum auch Exponate, die noch im 19. Jahrhundert entstanden – wie den Benz Velo von 1896. Übrigens: Schon damals war Bad-Cannstatt wichtig für die PKW-Entwicklung, aber das ist eine andere, spannende Geschichte. Sehr einladend sind auch das Restaurant und speziell der riesige Shop. Preis der Tageskarte: 10 Euro, Kinder bis 14 Jahren sind frei. Mercedes-Benz Museum – der nächste Montagepoint: Stuttgart-Wendlingen, Entfernung 25 Kilometer
Porsche und die rosa Sau
Am Porscheplatz 1 in Stuttgart- Zuffenhausen hat die berühmte Sportwagenschmiede ihren schicken „Geschichtstempel“ errichtet. Auf 5.600 Quadratmetern Ausstellungsfläche warten im Porsche Museum mehr als 80 Fahrzeuge auf den Besucher. Sie zeigen Porsches Ingenieurskunst, berichten über das Schaffen von Ferdinand Porsche und auch vom Drang, perfekte Sportwagen zu bauen – alle Autos sind übrigens fahrbereit. Neben weltberühmten Automobilikonen wie dem 356, 911 oder 917 machen technische Hochleistungen aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts neugierig. Auch aus der Zusammenarbeit Ferdinand Porsches mit den Lohner-Werken, die 1887 begann und zehn Jahre andauerte, ist ein – allerdings in den eigenen Werkstätten und mit Hilfe eines Fachbetriebes für „uralte Karosserien“ nachgebautes – Modell zu sehen: der „Semper Vivus“ von 1900. Der „Semper Vivus“ ist ein erstes Hybrid-Fahrzeug, das zwei mit Benzinmotoren gekoppelte Generatoren umfasst. Andere Entwicklungen jener Ära waren reiner Elektroantrieb und Allrad. Kult sind auch die 917er Rennwagen, speziell der 917/20. Der wurde, je nach Lackierung, liebevoll „Dicke Berta“, „Trüffeljäger“ oder „Rosa Sau“ genannt. Die Sau ist legendär: Porsche-Designer Anatole Lapine entschied sich für rosafarbenen Lack und beschriftete die einzelnen Partien analog zum Schwein. Preis der Tageskarte: 10 Euro, Kinder bis 14 Jahren sind frei. Mercedes-Benz Museum – der nächste Montagepoint: Stuttgart-Wendlingen, Entfernung 32 Kilometer
Auch Herr Benz hat ein Museum
In Ladenburg, im Rhein-Neckar-Kreis, befindet sich das Automuseum Dr. Carl Benz. Es ist natürlich dem Erfinder des Automobils, aber auch den Marken Benz, Benz Söhne und Mercedes-Benz gewidmet. Bereits im Jahr 1908 wurden in der Gründerzeitfabrik, die heute das Museum beherbergt, unter „Benz Söhne“ Autos gebaut. Weltweit existieren nur noch drei der seinerzeit entstandenen Fahrzeuge, zwei davon stehen heute wieder dort, wo sie zusammengeschraubt wurden. Insgesamt rund 120 Fahrzeuge sind in Ladenburg zu sehen. Vom hölzernen Laufrad des Freiherrn von Drais, bis zu den bunten Motorrollern der 1950err Jahre des letzten Jahrhunderts und zum silbernen Formel-1-Boliden. Ganz nebenbei erfährt man viel über das spannende Leben der Familie Benz, auch über Bertha Benz, der Ehefrau von Carl: Als der dreirädrige Benz Patent-Motorwagen Nummer 3 nicht bei den Kunden ankam, unternahm sie im August 1888 eine 106 Kilometer lange Fahrt von Mannheim nach Pforzheim und fuhr drei Tage später über eine andere Route wieder zurück – das war eine gewaltige Pionierleistung, die man sich heute kaum noch vorstellen kann. Preis der Familienkarte (Eltern mit Kindern unter 14 Jahren): 10 Euro, Kinder bis 14 Jahren sind frei. Automuseum Dr. Carl Benz – der nächste Montagepoint: Worms, Entfernung 39 Kilometer
Sinsheim – Autos und noch viel mehr
In Sinsheim steht das moderne Stadion des Bundesligisten TSG Hoffenheim und dort ist auch – als Filiale des Technik Museum Speyer – das Technikmuseum Sinsheim beheimatet. Hier gibt’s neben Automobilen unter anderem auch eine chinesische Lokomotive, ein Space Shuttle und eine Concorde zu bestaunen. Man kann in Flugzeuge steigen und sich außerdem auf 30.000 Quadratmetern von 211 „klassischen“ PKWs, 200 Motorrädern und 40 Supersportwagen begeistern lassen. Motorsportliebhaber müssen unbedingt die größte Formel-1-Sammlung Europas für sich entdecken. Um Hightech geht es generell in Sinsheim – etwa beim berühmten „Blitzen-Benz“, der ab 1909 aus gewaltigen 21,5 Litern Hubraum zunächst 200 PS schöpfte und mehrere Rekorde aufstellte. Oder bei „The Blue Flame”, dem schnellsten Landfahrzeug aller Zeiten. Am 23. Oktober 1970 stellte der Amerikaner Gary Gabelich mit dieser Kreuzung aus Auto und Mondrakete auf dem Bonneville-Salzsee mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 1014,656 km/h einen unglaublichen Weltrekord auf. Wesentlich beschaulicher geht es im Peugeot vis-à-vis zu. Hier sitzen sich die Passagiere – der Name sagt es – gegenüber. Als Antrieb diente bis 1896 ein V2-Motor mit 2,5 PS. Preis der Tageskarte: 22 Euro, Kinder 5 bis 14 Jahre 17 Euro. Technikmuseum Sinsheim – der nächste Montagepoint: Bad Friedrichshall, Entfernung 36 Kilometer
Wolfegg ist eine Reise wert
In Wolfegg hatte der berühmte Fritz B. Busch sein Domizil – der in Erfurt geborene, 2010 verstorbene Motorjournalist fand hier im Württemberger Allgäu seine Heimat. Der Mann, dem wir Sätze wie „der Jaguar E-Type braucht über Nacht 0,0001 Liter Öl, im Winter etwas mehr, da die Nächte länger sind“ verdanken, hat in Wolfegg ein Museum aufgebaut und liebevoll eingerichtet – mit vielen Kleinwagen und „Alltagsautos“ aus den 1950er und 1960er Jahren, aber natürlich ist auch ein E-Type-Kätzchen dabei. Irgendwie mochte Busch den britischen Sportwagen halt doch. Seit 2009 kümmert sich Busch-Fan Nicolas Flosbach um die Sammlung. Er übernahm das Museum, brachte seine Erfahrungen als Gästeführer in den Technikmuseen Speyer/Sinsheim ein und hat tatsächlich den Geist Busch hier wieder aufleben lassen. Lange war nicht klar, ob und wo „der edle Fritz“ und seine Autos wieder auftreten dürfen, aber seit 2018 geht es mit dem Museum weiter, natürlich in Wolfegg. Busch hätte das so gewollt. Nun sitzt er wahrscheinlich im himmlischen E-Type-Roadster, zieht bedächtig an seiner Pfeife und freut sich über die Präsentation der 77 Autos und die Begeisterung der Besucher. Preis der Familienkarte: 19 Euro, „brave Hunde“ dürfen auch rein. Technikmuseum Sinsheim – die nächsten Montagepoints: Wolpertswende, Entfernung 25 Kilometer, Memmingen 40 Kilometer
Bildnachweise
- Mikes Photography/Pixabay
- benchtalks/Pixabay
- Mercedes-Benz Museum/Daimler Presse
- Porsche Museum/Porsche Presse
- Automuseum Dr. Carl Benz
- Technikmuseum Sinsheim
- Automuseum Wolfegg