Von Sportlern und Vergessenen: Das Autojahr 1971
Im Autojahr 1971 kamen etliche Autos auf den Markt, die man schon kurz darauf wieder vergessen hat. Wer erinnert sich zum Beispiel noch an den hässlichen Austin Apache, an die eigentlich witzigen Familiencoupés Renault 15 und 17 oder den Statesman? Gut, den gab es ohnehin nur in Australien und Neuseeland. 1971 war aber auch ein Jahr für zukünftige Klassiker, denn zu den Neulingen gehörten der Maserati Mistral, der Ferrari 365 GT4 BB – oder der opulente Nachfolger der „Pagode“, der Mercedes R107.
Alpine Sensation? Der A310
Im französischen Dieppe gründete Jean Rédélé 1955 seine eigene Autofirma und nannte sie Alpine. Schwerpunkt war die Produktion von erfolgreichen Renn- und Rallyeautos, die es dann auch als kompromisslose Straßensportler gab. Das bekannteste Modell war und ist der A110, der aktuell eine Wiedergeburt erfährt. Ab 1971 sollte der A110 allmählich durch den neuen A310 ersetzt werden. Außerdem schielte man mit dem 2+2-sitzigen Coupé auf den Porsche 911. Zum Hit wurde der schicke A310 aber nicht. Das lag unter anderem daran, dass zu Anfang nur der schwache Vierzylinder aus dem Renault R16 lieferbar war – und das Auto trotzdem teurer war als der Basis-Elfer. Außerdem hatte das Auto mit etlichen Qualitätsproblemen zu kämpfen. Mehr Power und bessere Anmutung gab es erst, nachdem Renault 1973 Alpine komplett übernommen hat. In drei Serien wurde das Coupé immerhin 14 Jahre lang gebaut.
Das Auto des Jahres kommt aus Frankreich
Auf dem Pariser Salon 1970 präsentierte Citroën den GS als Nachfolger für die skurril aussehende „Über-Ente“ Ami 8: Die beiden Buchstaben standen „Grande Série“, also für die Große Serie. Mit seiner stromlinienförmigen, für die damalige Zeit eher ungewöhnliche Karosserieform, die an DS und CX erinnerte, waren niedrige Verbrauchswerte möglich. Sparsam war zunächst auch die Leistung: Anfänglich schöpfte der Motor aus 1,1 Litern Hubraum 54 PS. Stärkere Varianten und sogar ein Wankelmotor kamen später. Letzterer blieb allerdings eine Randnotiz – im Gegensatz zum Citroën GS Break, dem 1972 vorgestellten Kombi. Das französische Mittelklassemodell wurde immerhin zu Europas „Auto des Jahres 1971“ gekürt.
Die silberne Zitrone
Das nächste Autojahr beginnt bei den Amerikanern immer schon im Herbst zuvor. Das gilt natürlich auch für die europäischen Ableger von Ford. So wurde der Taunus TC 71 als Nachfolger von 12M und 15M im Herbst 1970 vorgestellt, um dann ab ’71 an möglichst viele Kunden gebracht zu werden. Das Auto ist etwas größer als sein Vorgänger und trägt den „Ami-Chic“ innen wie außen. Deutlich zu erkennen ist es an der charakteristischen Kühlermaske, die man nach dem damaligen Ford-Chef Semon E. „Bunkie“ Knudsen schlicht als „Knudsen-Nase“ bezeichnet. Blöd war, dass schon die ersten Käufer über massive Mängel und hinterlassenen Montage-Müll im Auto klagten. So wurde der Taunus vom ADAC schon Ende 1970 mit der „Silbernen Zitrone“ prämiert. Die Verarbeitung wurde etwas besser, doch zufrieden war man im Hause Ford nicht. Deshalb wurde schon 1976 der geglättete, technisch aber nahezu identische Taunus II (TC 76) lanciert.
Ein Meilenstein für Opel
Der Nachfolger des in rund viereinhalb Jahren knapp 1,3 Millionen mal gebauten Opel Rekord C wurde ebenfalls zum Erfolg. Klar, der Bedarf an Mittelklassewagen war groß. Denn man fuhr Auto: Anno 1971 waren in der Bundesrepublik mehr als 15 Millionen PKW zugelassen – und die Rüsselsheimer dominierten die Mittelklasse. Der von Chuck Jordan sachlich und modern gestylte Rekord D wurde daher ebenfalls zum Millionenseller: Für etwas mehr als 1,1 Millionen verkaufter Fahrzeuge brauchte der Rekord aber fünfeinhalb Jahre. Es gab ihn übrigens auch – und das beim Rekord erstmals – als Diesel, weswegen der „D“ offiziell Rekord II hieß. Und analog zum Vorgänger waren auch wieder die sechszylindrigen Brüder namens Commodore im Angebot. Die „B-Commos“ leisteten zwischen 115 und 160 PS.
Italiener mit Macken
Der Alfasud war erfolgreich, aber er hätte sich noch besser verkaufen können. Denn die wohlgeformte Limousine mit der praktischen Heckklappe war eine fahrende Katastrophe. Das lag nicht an den Motoren, die waren – typisch Alfa Romeo – durchaus munter. Aber die Autos rosteten oft bereits bei der Auslieferung. Die Qualität im damals neuen Werk nahe Neapel war katastrophal. Das schadete dem Image des von Giorgio Giugiaro ersonnenen Kompaktfahrzeugs. Dabei war der Alfasud innovativ, denn der Designer, der auch den Golf I verantworte, nahm dessen Konzept hier bereits vorweg. Analog übrigens zum ebenfalls 1971 vorgestellten Fiat 127, der von Pio Manzù gestaltet wurde.
Bildnachweise
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