Komische Autonamen – ein Fazit
„Früher war mehr Lametta“, heißt es bei Loriot – und das stimmt wohl. Ob vergangene Zeiten allerdings besser waren, wie Nostalgiker meinen, liegt im Auge der Betrachters. Meist waren sie es vermutlich nicht. Sie waren eigen, oder? Auf jeden Fall legten sie die Grundlagen für unser Hier und Jetzt. Manches ändert sich übrigens nie, wie das Finale unserer kleinen Serie belegt. Denn auch früher gab es schon Autonamen, die skurril, witzig und anders waren als schnöde Bezeichnungen wie „1303“, „P601“, „3=6“ oder „220D“. Komische Ideen hatten Menschen halt schon immer. Dass man Autos nach in der Schifffahrt üblichen Rängen – vom Kadetten bis zum Admiral – benannte, oder als Bezeichnung Mittelgebirge wie Eifel oder Taunus wählte, liest sich aus heutiger Sicht freilich seltsam. Die Namensgebung hatte aber wohl etwas mit dem Fernweh der Kunden zu tun. Noch weiter hinaus zeigte übrigens der Trabant, den wir hier schon ausführlicher vorstellten.
Der Barkas – volkseigener Transporter auf Bildungsweltniveau
Wie jetzt? Ein Auto, das wie ein Schiff heißt? Eine Barkasse ist schließlich bekanntermaßen ein Beiboot. Aber ein solches stand, als 1961 der Barkas B1000 in Serie ging, gar nicht Pate. Nur am Rande: Sein Vorläufer, der Framo V901, hieß zum Schluss seines langen Produktionslebens auch schon Barkas. Auch bei ihm hatten die Namensgeber nicht an ein Wasserfahrzeug gedacht. Aber an was oder wen dann? Vermutlich wussten das damals nur wenige Menschen, was letztlich egal war. Hauptsache, die Fuhre verrichtete brav ihren Frondienst. Wie der echte Barkas. Hamilkar Barkas war ein Feldherr aus Karthago. Richtig, das war das Volk, das mit Elefanten über die Alpen marschierte. Der zweite punische Krieg, puh, schon lange her ist der. Da kann man schon mal durcheinanderkommen. Denn eigentlich war Hamilkars Sohn Hannibal nämlich der, der für die taktische Meisterleistung verantwortlich war. Der hieß natürlich auch Barkas – und eben nicht Lecter – mit Nachnamen. Nur, dass man diesen bei Hannibal immer weglässt. Der DDR-Barkas wurde also nach Hamilkar B. benannt und war übrigens eine Meisterleistung von Weltrang: Denn am Anfang war der Transporter dem VW T1 aus dem Westen in vielerlei Hinsicht überlegen.
Borgwards schöne Lady
„Chef, wie soll denn das neue Auto heißen?“ – „Mir egal, von mir aus nennt es ‚Isabella‘!“. So ähnlich soll sich die Namensfindung von Borgwards großartiger Mittelklassebaureihe zugetragen haben. Der Tycoon Carl F.W. Borgward kümmerte sich zwar um jedes Detail seiner Autos, zeichnete die Karosserieformen oder dachte sich Türgriffe aus, aber Namen waren für ihn Schall und Rauch. Zum von 1954 bis zur Pleite des Konzerns im Jahr 1961 produzierten Wagen passt diese spanisch anmutende Bezeichnung perfekt, speziell für das rassige Coupé, das zu den schönsten deutschen Auto-Kreationen der 1950er Jahre gehört. Den Untergang von Borgwards Imperium konnte die Hübsche aber nicht verhindern. Noch heute wird geforscht, ob das Unternehmen zu retten gewesen wäre. Sicher ist aber, dass eine andere Lady mitverantwortlich für die Schieflage war: Isabellas kleine Schwester Arabella litt nämlich am Anfang ihres Daseins an heftigen Kinderkrankheiten. Übrigens: Die Isabella überlebte das Ende der Bremer Werke dann doch: Von 1967 bis 1970 wurde sie in Mexiko auf den originalen Bändern weitergefertigt.
Noch ein Borgward – Alexander, der Kleine
1949 gründete Carl F.W. Borgward die Lloyd Werke. Unter diesem Namen sollten einfache und erschwingliche Autos produziert werden. Den Anfang machte 1949 der LP300, ein spartanisches Wägelchen, das im Wesentlichen aus einem Holzgerippe mit kunstlederbezogener Sperrholzbeplankung bestand. Deshalb nannten ihn die Menschen auch liebevoll-despektierlich „Leukoplastbomber“. Schließlich findet das Volk selbst auch witzige Spitznamen – von „Käfer“ über „Bulli“ bis zu „Barockengel“ und „Nasenbär“. Zurück zum „Leukoplastbomber“: Der wuchs allmählich minimal in der Leistung und der Ausstattung, erst zum LP400 und dann zum LP600, der aber schon eine blecherne Karosserie hatte. Schluss also mit dem Pflaster-Beinamen. Ab 1955 hieß der Kleinwagen offiziell „Alexander“. Er war zwar nicht so beliebt wie Peter Alexander, nicht so stark wie der antike König gleichen Namens, aber ein Erfolg. Übrigens: Die Bezeichnung „LP“ stand für die Limousine. Als „LC“ bezeichnete man die „Cabriolimousine“, „LS“ war der Kombi und „LK“ der Kastenwagen.
Was ist denn ein Goggo?
In Dingolfing, wo heute BMWs vom Band laufen, schrieb ein Landmaschinenhersteller Automobilgeschichte: Hans Glas hatte in den frühen 1950er Jahren die Idee, die Menschen mobil zu machen. Gut, auf den Trichter kamen andere auch, wenn auch meist weniger erfolgreich. Denn von 1955 bis 1969 wurden immerhin 255.000 Limousinen, Coupés, Transporter und auch Roller – alle mit 2-Takt-Motörchen – unter dem Namen „Goggomobil“ gebaut. Klingt komisch? Heißt aber so. Und zwar nach dem Spitznamen von Hans Glas‘ jüngstem Enkel Andreas. Der wurde nämlich immer „Gogg“ gerufen. Von 1958 an versuchten sich Glas an „echten“, durchaus innovativen Autos, vom Isar bis zum großen Glas V8, und übernahm sich dabei. 1966 ging das Unternehmen daher an die Münchner Konkurrenz – nach einer Dreiviertelmillion gebauter PKWs und Motorroller
Ist der Ruf erst ruiniert, rotiert es sich ganz ungeniert
Wie spottete der Komiker Otto in den 1970er Jahren? Richtig: „Roh 80, Gekocht 160.“ Gemeint war eine vom großen Frank Luthe futuristisch gezeichnete Coupé-artige Limousine mit dem von Felix Wankel erfundenen und entwickelten Kreiskolben- oder Rotationskolbenmotor. Genau dafür steht auch die Bezeichnung „Ro“. Der Beisatz „80“ ist eher Quatsch, denn er nannte die PS-Zahl, die man dem Auto ursprünglich spendieren wollte. In der Serie waren es aber 115 Pferdchen. Der Ro 80 wurde 1968 ob seiner Form, der vielen Sicherheitselemente und der innovativen Technik zu Europas „Auto des Jahres“ gewählt. Bei NSU, wo man mit dem Wankel-Spider schon erste Erfahrungen sammelte, hatte man allerdings mit Fertigungsproblemen zu kämpfen. Immer wieder fielen die Triebwerke aus, außerdem lagen die Verbrauchswerte im Bereich von großen Jaguar- und Mercedes-Limousinen. Vielleicht wäre „Gekocht 160“ doch treffender gewesen? Auf jeden Fall besserte sich die Qualität, aber nach der Übernahme von NSU durch VW blieb kein Platz mehr für dieses Antriebskonzept. Was man mit rotierenden Kolben machen kann, bewies und beweist man im Hause Mazda. Der Ro 80 wurde von 1967 bis 1977 in nur 37.406 Exemplaren gebaut, ist aber heute eine Auto-Ikone von Format.
Bildnachweise
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