Vom MoMa zu den deutschen Museen
Das Museum of Modern Art liegt direkt in Midtown Manhattan, genauer: in der 53rd Street, zwischen der Fifth und Sixth Avenue. Es wurde am 7. November 1929 eröffnet, zehn Jahre später zog man in das heutige Gebäude. Von Anfang an war das MoMa als Ausstellungsort für moderne und zeitgenössische konzipiert, das heißt, dass sich die Schwerpunkte mit den Jahrzehnten und mit dem jeweiligen Zeitgeist wandelten. Aktuell kann man auf sechs Ebenen rund 150.000 Ausstellungsstücke aus Malerei und Skulptur, Druckgrafik und Buchillustration, Grafik, Architektur und Design bestaunen. 22.000 Filme und mehr als vier Millionen Fotos warten auf die Besucher. Man entdeckt die Werke von Picasso, Cézanne oder Kandinsky. Wichtiger Bestandteil aller MoMa-Konzepte ist das Design, es geht also auch um Möbel, Computerspiele wie „Pac-Man“, „Minecraft“ oder „Pokémon“, um Haushaltsgeräte oder auch Mobiltelefone. Immer wieder werden auch Automobile zum Teil einer Ausstellung, erstmals war das 1951 und 1953 der Fall. Dabei stehen die Fahrzeugdesigner und das jeweilige Mobilitätskonzept im Vordergrund. Noch bis Anfang Januar 2022 ist die „Automania“ zu sehen. Dabei werden die Exponate in wechselnder Umgebung inszeniert. Denn sie sind immer Design-Meilensteine und damit – so das MoMa – Kunst. Ein Besuch im New Yorker MoMa lohnt auf jeden Fall, den Ausstellungskatalog kann man allerdings auch über den deutschen Buchhandel beziehen. Für das Rameder-Magazin ist die Ausstellung im MoMa der Auftakt zu einer kleinen Serie über die besonders sehenswerte Automuseen in Deutschland.
MoMa hat einen anderen Ansatz
Wir stehen wieder an einer Zeitenwende, was die Mobilität betrifft. Das behaupten die Macher der New Yorker Ausstellung und natürlich haben sie recht. Tatsächlich gab es in der rund 140-jährigen Geschichte des Autos etliche Punkte, die maßgeblich für das Leben waren: Von der Entwicklung der Infrastruktur für fossile Brennstoffe, über die Sicherheitskonzepte speziell in den Städten und die Fertigung der PKWs am Fließband bis hin zu Airbag, ABS, ESP und Allradantrieb ist viel passiert. Nun werden alternative Antriebe eingeführt und etwa die bereits am Anfang der Autohistorie sehr verbreiteten Elektroantriebe forciert. Wir haben hier zum Beispiel mal über den legendären Lohner-Porsche geschrieben – und der wies nicht nur beim Motor in die Zukunft. Während nun die meisten Automuseen Orte der Rückschau sind, uns also die Entwicklung der Mobilität von den Ursprüngen bis ins Hier und Jetzt zeigen, geht es dem New Yorker Museum um die Verbindung mit Designepochen, mit zeitgenössischer Musik und natürlich mit den Kunstwerken der jeweiligen Zeit. Wie nah ist ein früher Porsche 911 eigentlich den Werken von Andy Warhol? Der ganzheitliche Ansatz funktioniert beim MoMa immer wieder – und macht neugierig.
Die Zeitenwende
Provokant gesagt: Das Auto, wie wir es kennen, wird es irgendwann nicht mehr geben. Deshalb wirkt die Ausstellung „Automania“ tatsächlich retrospektiv, ja, melancholisch. Man wird die Mobilität auch mit anderen Fahrzeugkonzepten und -designs neu definieren, einen neuen Bezug zum Fahrzeug haben und eines Tages stehen die Modelle unserer Zukunft ebenfalls im MoMa. Jetzt wirken die Exponate tatsächlich wie Museumsstücke, wie Meilensteine, die dafür sorgten, dass wir Autos so sehr lieben. Der Ausstellungsmacherin Juliet Kinchin ist es auf jeden Fall anzurechnen, dass sie nicht auf Correctness, auf Verbrauch oder auf „böse Verbrenner“ abzielt, sondern tatsächlich die Schönheit der Ikonen in den Fokus rückt. Im Gegensatz aber zu „klassischen Automuseen“ stellt sie die rollenden Designobjekte ins Hier und Jetzt – und das macht Lust aufs Fahren.
Von Ikonen und vom Stil – Kleinwagen
Man bezeichnete ihn als „Osterei auf Rädern“- und doch ist der Smart, der Anfang der 1990er von Nicolas Hayek, dem Gründer der „Swatch“-Uhrenfirma, erdachte Kleinstwagen längst eine Ikone. Man erkennt ihn wieder, er hat sich den urbanen Lebensraum erobert. Denn genau da gehört er, auch dank seiner minimalen Abmessungen, hin. Das MoMa präsentiert den modernen Zwerg im Verbund mit dem von 1957 bis 1977 gebauten Fiat Nuova 500, dem knubbeligen Nachfolger des „Topolino“. Auch der von Dante Giacosa entwickelte „500er“ hatte einen ähnlichen Daseinszweck wie der Smart: Er sollte sich speziell in den italienischen Städten bewähren und die Tifosi mobil machen. Ziel erreicht. Die Bundesdeutschen setzten derweil auf den ebenfalls rundlichen, von Ferdinand Porsche noch für die Nazis entworfenen Volkswagen. Er lief und lief – über 21 Millionen Mal von den Bändern und war auch in den USA beliebt. Von dort aus – und via Produktion bei Willys-Overland, Ford und Bantam – kam auch der Jeep in die Welt. Zunächst als militärischer Haudegen, dann allmählich auch für zivile Einsätze neu erfunden. Der frühe Jeep im Museum war tatsächlich im Koreakrieg im Einsatz.
Stil und Größe
Dass der VW Käfer auch die ersten Porsche beeinflusst hat, ist bekannt. Nicht nur bei den Boxermotoren, auch in puncto Design orientierte sich der 356 am Wolfsburger Typ 1. Als der Nachfolger des Ur-Porsche, der 911, ab 1963 zu haben war, konnte man die Verwandtschaft durchaus noch erkennen. Doch der „Elfer“ hat sich, trotz der Übernahme von Käfer-Grundbedingungen, selbst zur Ikone entwickelt. Auch die aktuelle Baureihe 992 zeichnet sich noch durch das von Ferdinand Alexander Porsche entwickelte Design aus. In New York ist ein 1965er Exemplar zu sehen, es wirkt heute puristisch und filigran. Das gilt ebenfalls für den Jaguar E-Type Roadster. Auch die britische Ikone, von dessen Anmutung Enzo Ferrari extrem begeistert gewesen sein soll, wurde nicht von einem Designer geplant, sondern von Jaguars „Haus-Konstrukteur“ Malcolm Sayer. Porsche und Jaguar verweisen auf die Ära der Supersportwagen, genau wie der frühe Cisitalia 202 GT von 1946. Der vom großen Battista „Pinin“ Farina gestaltete Flitzer ist übrigens bereits seit 1972 im Besitz des Museums. Der Wagen wurde zum Vorbild aller frühen Ferrari. Ein später Hengst aus Maranello ist ebenfalls zu bestaunen – der Ferrari 641. Mit dem war Alain Prost 1990 in der Königsklasse unterwegs. Damals war Leistung alles in der Formel 1.
Die Sache mit dem Haken
Der Anhängerkupplung wird natürlich kein eigenes Kapitel in der „Automania“ gewidmet, aber immerhin wird ein früher, immer noch silbern glänzender Airstream-Wohnwagen gezeigt. Die Silberlinge sind bis heute „Kult“. Das gilt auch für die „Göttin“, die „Déesse“ oder „DS“, wie Citroën den ab 1955 erhältlichen Nachfolger des „Traction Avant nannte. Es gab zwar auch den kargen ID, aber die DS mit ihrer Hydropneumatik war legendär. Zur innovativen Technik von André Lefèbvre passte das futuristische Design von Flaminio Bertoni perfekt. Noch bei der Produktionseinstellung im Jahr 1975 wirkte die DS modern – und heute kommt uns das späte, 1973er Modell in der Ausstellung wie ein Auto aus einer anderen Welt vor. Genau deshalb steht die DS23 in New York.
Bildnachweise
- Falkenpost/Pixabay
- MoMa Archives
- Jonathan Muzikar/Museum of Modern Art/MoMa