Die besonderen Orte – eine kurze Definition
Schräg, merkwürdig und einmalig sind diese besonderen Orte. In dieser Einmaligkeit sind sie auch wieder unterschiedlich – und alle einen Besuch wert. Aber um eines vorab klarzustellen: Der Begriff „merkwürdig“ ist nicht abwertend gemeint. Wir verbinden damit viel lieber „denkwürdig“, „besonders“ und „beeindruckend“. Es sind schlicht Orte, die man gesehen haben sollte: Bei den Recherchen stößt man auf das, was Menschen, manchmal auch in Verblendung und mit idiologischer Überfrachtung, ersonnen und erbaut haben – etwa das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Jenes Aufmarschgelände der Nazis wird heute als geschichtsträchtiges Monument von Größenwahn erkannt. Nichts anderes ist die von Albert Speer geplante Kongresshalle am Dutzendteich. Die Nürnberger nennen es seit jeher völlig zurecht „Colosseum“. Historische Anklänge finden sich natürlich auch in anderen Epochen und wir blicken mit unserem heutigem Blickwinkel auf das oft Befremdliche. Auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände werden nun die „Norisring“-Rennen und „Rock im Park“ veranstaltet, im „Colosseum“ hat sich der „Serenadenhof“ etabliert und es proben die Nürnberger Philharmoniker. Der Schrecken lässt sich indes nicht vertreiben. Menschen schaffen Monumente in wenigen Jahren, die Natur lässt sich dazu länger Zeit: Zum Beispiel brauchte sie für den pittoresken Eistobel in der Nähe des Westallgäuer Städtchens Isny Jahrzehntausende. Heute wandert man mit Ehrfurcht durch dieses Biotop und staunt über die gestalterischen Kräfte der Natur.
Nürnberg Kongresshalle – der nächste Montagepoint: Fürth, Entfernung 11 Kilometer / Isny Eistobel – der nächste Montagepoint: Memmingen, Entfernung 45 Kilometer
Am Teufelsberg wurde der Feind belauscht
Im Berliner Stadtteil Grunewald liegt der Teufelsberg. Mit einer Höhe von 120 Metern würde er in den Alpen als Talniederung gelten, aber in Berlin reicht der Hügel, um nicht nur über das satte Grün des Grünewalds zu blicken, sondern auch noch weiter: In den 1950er Jahren, zur Zeit des kalten Krieges, entdeckte die US-Armee den Teufelsberg für sich und verwendete ihn anfangs zur Überwachung des Luftraumes über der geteilten Metropole und über der DDR. Dazu errichtete man bis 1972 fünf Antennenanlagen, deren auffällige Kuppeln an riesige Fußbälle erinnern. Ab 1957 nutzten amerikanische und britische Geheimdienste, etwa die National Security Agency (NSA) oder der MI6, die Türme zur Aufklärung. Sprich: Man spionierte von hier aus den Warschauer Pakt aus. Heute kann man die Anlagen besichtigen und sich ihre Bestimmung erklären lassen. Dass die Kunst das Areal teilweise „eingenommen“ hat, ist bewundernswert.
Berlin Teufelsberg – der nächste Montagepoint: Berlin-Hoppegarten, Entfernung: 40 Kilometer
Alten Säcken ein Zuhause
In Nieheim hat man ein Herz für „alte Säcke“. Denn dort, in einem schönen Backsteinbau aus dem Jahre 1908, ist das „Sackmuseum“ untergebracht. Der Ort passt auch, denn in diesem Gebäude befand sich bis in die 1980er Jahre ein Geschäft, das den Bauern alles bereitstellte, was sie für ihre Arbeit brauchten – also auch Säcke mit allerhand Inhalt. Man mag zunächst schmunzeln, aber das Behältnis ist tatsächlich für die Menschheit von großer Bedeutung. Ähnlich wie eine Anhängerkupplung, helfen Säcke, Beutel und Tüten, Dinge sinnvoll von A nach B und auch nach C zu transportieren. Die „alten Säcke“ von Nieheim haben tatsächlich spannende Geschichten zu erzählen. Sie berichten auch von uralten Karren und Wägen, mit denen man Saatgut oder Getreide etwas einfacher bewegen konnte. Wenn der sprichwörtliche Sack Reis umfällt, kann das eben doch interessant sein – zumindest im schönen Münsterland.
Sackmuseum Nieheim – der nächste Montagepoint: Paderborn, Entfernung: 34 Kilometer
Keine Angst im Gespensterwald
Geister gibt es nicht. Oder vielleicht doch? Im Gespensterwald bei Rostock, genauer: zwischen Warnemünde und Heiligendamm, kann man doch ins Zweifeln kommen. Denn die Natur hat hier einen Ort geschaffen, der vor allem bei Nebel und in der Dämmerung gruselig wirkt. Wenn dann noch der Seewind pfeift, meint man, dass zwischen den Bäumen und in den Ästen Unholde ihr Unwesen treiben. Aber es ist die Fantasie, die dem Wanderer einen Streich spielt. Der mystische Wald besteht nämlich „nur“ aus Eichen, Hainbuchen, Eschen und Buchen. Da kein Gestrüpp zwischen den Bäumen wächst und die einzelnen Stämme auch noch relativ weit auseinander stehen, bietet sich dazwischen viel Raum für die Spiele von Licht und Schatten. Bezaubernd ist es auch, wenn dann die Ostsee durchschimmert.
Gespensterwald Nienhagen – der nächste Montagepoint: Lambrechtshagen, Entfernung: 11 Kilometer
Wenn man früher mal musste
Heute schickt man nur noch kleine Kinder aufs Töpfchen, früher verrichteten auch Erwachsene und sogar Fürsten ihre Notdurft auf so einem Utensil. Glaubt man dem Regisseur Mel Brooks, dann hatte Louis XIV sogar einen oder mehrere „Pisspagen“ angestellt. Davon ist im Nachttopfmuseum Gifhorn allerdings nicht die Rede. Dafür stellt die Sammlerin Elisabeth Hesse hier ihre Schätze aus: Sie hat tatsächlich „Töpfchen“ aus verschiedensten Epochen gehortet – insgesamt über 500 Stück. Und die bestaunt man nun in der Südheide – im Nachttopfmuseum Gifhorn. Beeindruckend sind auch die Spülketten mit den teils wunderschönen Zuggriffen. Bei deren Anblick erkennt man rasch, dass Kunst auch nach dem Können kommen kann.
Nachttopfmuseum Gifhorn – der nächste Montagepoint: Braunschweig, Entfernung: 29 Kilometer
Pure Fußball-Tradition – Stuttgart, Köln, Zittau
Fußball-Fans reden gern von Tradition und denken dann meist an Schalke, an den „Club“ oder an Dynamo Dresden. Dabei könnte man auch den Zweitligisten Holstein Kiel (Meister 1911/12), den Neu-Bundesligisten SpVgg Fürth (Meister 1913/14, 1925/26 und 1928/29) oder den frisch gebackenen Drittligisten Viktoria Berlin meinen. Der Hauptstadtklub war 1907/08 Champion und stand insgesamt vier Mal im Meisterschaftsendspiel. Beim Titelgewinn hieß der Gegner übrigens Stuttgarter Kickers. Das Stadion des schwäbischen Ex-Bundesligisten gilt als das Älteste, in dem noch Ligabetrieb stattfindet: „Auf der Waldau“ wurde 1905 eingeweiht, mehrfach umgebaut und bietet aktuell rund 11.500 Zuschauern Platz. Für den ambitionierten Oberligisten reicht das auf jeden Fall. Die älteste Tribüne steht allerdings auf eher wackligem Fundament im Kölner Stadtteil Weidenpesch. Dort spielte bis 2002 der VfL Köln 99 und dort fand am 21. Mai 1905 auch das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft – seinerzeit gewann der Berliner TuFC Union 1892 – statt. Nun wollen Fans des 1. FC Köln die marode, aber eben geschichtsträchtig-schöne, Tribüne retten. Das Pendant im Weinauparkstadion im ostsächsischen Zittau hat es besser getroffen: Sie ist fast gleich alt wie die Kölner Tribüne, steht aber unter Denkmalschutz. Der Siebtligist VfB Zittau kämpft vor dieser geschichtsträchtigen Kulisse um Siege und Aufstiege.
Stuttgart Stadion Auf der Waldau – der nächste Montagepoint: Stuttgart-Wendlingen, Entfernung 25 Kilometer/Tribüne Köln Weidenpesch – der nächste Montagepoint: Haan, Entfernung 36 Kilometer/Zittau Weinauparkstadion – der nächste Montagepoint: Dresden, 124 Kilometer
Bildnachweise
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- Sackmuseum Nieheim
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- Nachtopfmuseum Wasbüttel
- Waldaustadion/Stuttgarter Kickers
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- VfB Zittau