Ein Abenteuer: The Deutschland Rally
Wer öfter mal Sport 1 schaut, ist vielleicht schon auf die kernigen Beiträge zur Rallye Balkan Express gestoßen – dort fahren „ganz normale“ Menschen in ihren Alltagsautos durch wildes Land. Die Veranstalter dieser Kult-Rallye sind mittlerweile in Großbritannien, im Baltikum, in Deutschland oder – der absolute Superlativ – von Hamburg nach Wladiwostok unterwegs. Für das Rameder-Team eine mögliche Herausforderung, aber erst einmal müssen die Jungs The Deutschland Rally bewältigen. Auch dieser Trip wird garantiert ein Abenteuer. Gestartet wird am 2. Oktober in Niedersachsen, genauer in Hannoversch Münden, der Zieleinlauf ist dann am 10. Oktober im Ruhrgebiet.
Quer durchs Land – mit Ehrenkodex
Auf das Rameder-Team warten 3.000 Kilometer, die innerhalb von acht Tagen bewältigt werden müssen. Unterwegs sammelt man Points, die dann in Geld, das für einen guten Zweck gespendet wird, umgetauscht wird. Und wie bei jeder Rallye bekommt die Crew ein Roadbook, in dem die Orte der Sonderprüfungen verzeichnet sind. Das Hinkommen zu diesen Wertungspunkten ist einfach, sollte man meinen. Denn wozu gibt es GPS und Navis? Aber nix da, solche Hilfsmittel sind, so der Ehrenkodex von The Deutschland Rally, untersagt. Autobahnen darf man auch nicht benutzen. Man nimmt also den guten, hoffentlich nicht zu alten, Straßenatlas oder „klassisches“ Kartenmaterial mit. Am besten schaut man sich die Strecke vorher mal an – es geht durch den Harz und die Heide, zur Ostseeküste, durch Havelland und die Lausitz-Region ins Erzgebirge. Von dort aus fährt man weiter durch Fichtelgebirge und Bayerischen Wald ins Voralpenland und den Schwarzwald, und an Rhein und Mosel entlang, bis zum Ziel, dem Ruhrpott. Eine Herausforderung für Menschen und Maschinen. Letztere werden grob in vier Klassen eingeteilt. „Old Schooler“ (Fahrzeuge, die mehr als 30 Jahre auf dem Buckel haben), „Youngtimer“ (Autos, die über 20 Jahre alt sind), „Freshman“ („Frischlinge“, die älter als 15 Jahre sind) und Electric (E-Autos, die auch nagelneu sein dürfen). Das Rameder-Fahrzeug ist genau 30 Jahre alt und kann schon als Oldtimer durchgehen.
Das Rameder-Auto: Ein Golf für alle Fälle
Eigentlich echt zeitlos, so ein Zweier-Golf. Er fällt nicht auf, weil er immer noch nicht altmodisch wirkt. Gut, der Rameder-Golf ist schon markant, weil extravagant foliert. Das macht was her auf der langen Reise. Ansonsten ist der Golf ein normales Stück Wolfsburger Wertarbeit, das zum Jahresanfang anstandslos durch den TÜV kam. 311.000 Kilometer hat der Volkswagen schon klaglos abgespult, 3.000 kommen nun noch dazu. Dass das Team in ihrer kühnen Kiste schlafen will, wird den Golf auch nicht groß stören. Übrigens: Theoretisch kann die Crew so groß sein, wie möglich. So viele Leute ins Fahrzeug passen – nach den geltenden Regeln versteht sich. Der Golf hat einen 1,3-Liter-Motor und übersichtliche 54 PS. Das sind so wenige, dass das Triebwerk nicht als überzüchtet anzusehen ist und vor allem „ewig und drei Tage“ durchhält. Eine zuverlässige Maschine, die den Wagen bergab auf etwas mehr als 160 km/h bringt. Aber so schnell darf man auf der Rallye sowieso nirgends fahren, das Tempo wäre auch beim Kartenstudium hinderlich. Ob die Rameder-Jungs das hinbekommen? Man kann sie via Tracking begleiten.
David und Ben Barth – die mit dem Golf tanzen
David Barth ist Mitarbeiter bei Rameder. Im Montagepoint Siegen sorgt er dafür, dass die Leute akkurat eine Anhängerkupplung an ihr Fahrzeug montiert bekommen. Der 30-Jährige ist gelernter Industriemechaniker und kennt sich mit Autos bestens aus. Sein „kleiner“ Bruder Ben, 21 und von Beruf Veranstaltungstechniker, teilt die Liebe zu Fahrzeugen und Technik – und speziell die zu ihrem Golf II. David sagt, dass sie jede Schraube am rüstigen Wolfsburger kennen. Natürlich wissen die Jungs auch, wann ihr VW mal etwas Zuwendung braucht.
Haben die Barths den Golf für The Deutschland Rally verändert?
Grundsätzlich ist der 1991er VW „naturbelassen“. Er wurde nur ein wenig optimiert, wie David Barth erklärt: „Zunächst habe ich das Auto Anfang des Jahres ‚mängelfrei‘ durch den TÜV bekommen. Als es dann so langsam auf die Rallye zuging, habe ich angefangen, das Auto vorzubereiten. Ich rüstete die vordere Bremsanlage auf Brembo-Bremsen vom GTI um, wechselte alle Radlager, sowie Antriebs- und Gelenkwelle. Außerdem habe ich eine Sachs-Kupplung verbaut und Zylinderkopfdichtung sowie Ventildeckeldichtung erneuert. Nachgerüstete Nebelscheinwerfer müssen für diese Fahrt auch unbedingt sein.“ Zu guter Letzt wurde das Fahrzeug foliert, mit einer LED-Bar und einer Dachbox von Rameder bestückt. Der Golf ist also kein „Über-Golf“ geworden, sondern ein Fahrzeug, dass genau zur Rallye passt.
Mal ehrlich, David Barth: Was ist Deine Motivation für diese Rallye?
Es hört sich an wie ein Kinder-Traum – und ist auch einer. Nur, dass für The Deutschland Rally echte Kerle und taffe Ladys gefragt sind. Denn die Tour ist wahrlich anspruchsvoll. Also was treibt die Barths an, sich in den Golf zu setzen und mit Startnummer 80 ins Zehntagesrennen zu gehen? Die Antwort von David Barth fällt eindeutig aus: „Ich hatte schon immer mal Lust, an so einer Veranstaltung teilzunehmen. The Deutschland Rally ist besonders gut für uns und den 30 Jahre alten Golf II, denn es gibt schon für das Alter des Fahrzeugs 30 Punkte.“ Und dann fragte der Mann aus dem Siegener Montagepoint einfach mal bei seinem Arbeitgeber nach Möglichkeiten für Sponsoring: „Ich dachte, mehr als ‚NEIN‘ sagen können sie ja nicht. Aber ich war mir auch sicher, dass die Rallye eine super Werbeaktion ist.“ Schließlich fährt der Golf durch (fast) ganz Deutschland. Dass er das schafft, ist klar. Den alten VW-Haudegen bringt praktisch nichts aus der Fassung. Für den Kleinkram, der passieren kann, sind die Barths natürlich gerüstet – Flüssigkeiten für Menschen und Maschine haben sie an Bord. Den Rest der Rallye erledigen zwei Männer, 54 Pferdchen und viel Liebe. Denn wie sagt Walter Röhrl? „Du kannst Autos nicht behandeln wie Menschen, Autos brauchen Liebe!“ Der zweifache Rallyeweltmeister muss es schließlich wissen. Und wir wissen, was wir zu tun haben: Wir wünschen David, Ben und dem Golf viel Glück.
Bildnachweise
- David Barth
- Rameder
- Superlative Adventure Club
- Harald Funken/Pixabay
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